von tiemo » Montag 9. März 2015, 03:32
Hallo Schorsch!
Insgesamt sieht der LT für mich ziemlich gut aus. Es ist halt ein Fahrzeug, das fast 24 Jahre aufm Buckel hat, da kann man keinen Neuzustand erwarten, es sei denn, man ist bereit, auch einen Neupreis zu zahlen.
An so alten Autos ist auch immer mal was zu machen. Wohl dem, der das selber kann und sich nicht von Werkstätten "was vom Pferd" erzählen lassen muss, ist leider so.
Mein LT ist übrigens auch ein 1991-er und sah leider nicht mehr so schön aus. 350.000km haben da dann doch Spuren hinterlassen...
Ganz kurz meine Einschätzung zu den Fotos:
Bild 1, Bereich Auspuff:
Das ist der altersgemäße Fugenrost an den Stoßstellen der Blechpaneele. Dabei passiert folgendes: Von außen ist der LT ganz gut vor Rost geschützt. An den Übergangsstellen sind die Bleche um 90° nach innen gekantet und an dieser umgebogenen Lasche durch Punktschweißung alle paar cm miteinander verbunden. Nach der Phosphatierung und Grundierung wurde die Fuge mit einer elastischen Fugendichtmasse ausgespritzt und innen wie außen der Decklack angebracht. Innen meist recht dünn, weil die entsprechenden Stellen auch an der Rohkarosse schon ziemlich verdeckt hinter Verstärkungen liegen. Die waagrechte "Falte" ist der Übergang von der Wand zum inneren Bodenblech. Außen ist dir Karosserie aber noch doppelwandig weiter nach unten gezogen.
So weit, so schön beim Neufahrzeug. Die Fugenmasse altert leider und schrumpft dabei etwas, so das der Lack an den Rändern rissig wird, innen wie außen. Außen wird durch Reinigen, Wachsen etc. immer drauf geachtet, dass diese empfindlichen Stellen keinen Rost ansetzen, aber innen kann man ja schlecht ran, besonders bei Wohnmobilen. Unten würde es noch gehen, aber kaum jemand legt sich unter den LT und säubert die doppelwandige Randpartie von Schlamm, der hineinspritzt und konserviert sie, etwa mit dauerflüssigen Fetten, die durch die Kapillarwirkung in jeden kleinen Riss gezogen werden, der sich öffnet. Salziger Schlamm und Laub wird von den Rädern aufgewirbelt und setzt sich in den Zwischenräumen ab, sogenannter "Komposter".
Dadurch beginnen die Fugen von innen her zu rosten, an den umgebogenen Laschen, zwischen diesen, zwischen den einzelnen Schweißpunkten.
Rost hat die Eigenschaft, ein größeres spezifisches Volumen (l/kg) zu haben als der Stahl, aus dem er entsteht (er nimmt mehr Raum ein bei gleicher Menge). Dadurch "quillt" das Material in der Fuge und drückt sie auseinander, was wiederum die Rissbildung verstärkt. Die Feuchtigkeit dringt durch den sich bildenden Spalt nach außen vor und unterrostet den Lack. Auch hier wird der Lack durch die Volumenvergrößerung dann abgehoben, bildet die bekannten Blasen und der Rost tritt zutage. In diesem Stadium sind die Bleche meist noch nicht punktuell durchgerostet.
Spätestens nun muss man was tun. Von außen Lack und Rost an den Fugen entfernen, neu Grundieren (wobei das Grundierungsmittel möglichst tief in den Spalt der Fuge eindringen soll, zB. Owatrol), Verfugen und Lackieren. Und von innen das Wasser verdrängen, Rostansätze konservieren, dazu sind am besten dauerflüssige Fette (Mike Sanders, Fluid Film etc.) geeignet. Tut man von innen nichts, dauert es kein Jahr und die neue Lackierung außen ist wieder zerstört.
Auf deinem Bild sieht man eine leichte Einbeulung horizontal, da war mal ein leichter Unfall, etwas ist "vorbei geratzt" und hat dabei die Bleche gegeneinander arbeiten lassen, was die Fugen beeinträchtigt hat. Unten ist eine Stelle auf der Blechfläche erkennbar, da könnten schon nadelstichartige kleine Durchrostungen (sog. "Pinholes") vorliegen, daher ist der Lack dort blasig. Sicher klebt neben der Fuge ein Komposter in der Schürze, dort ist es immer feucht und salzig, das wirkt von innen..
Bild 2, Bereich Tankdeckel:
Hier ist ein relativ neuer, leichter Anfahrschaden zu sehen, der erst oberflächlich Rost zu bilden beginnt. Tut man hier auf Vorder- und Rückseite der Bleche nichts, wird sich auch dort Rost ausbreiten. Man sieht an der aufrechten Fuge, dass etwas oberhalb des eigentlichen "Treffers" der Lack in der Fuge abgeplatzt ist, ein Hinweis, dass bei solchen Belastungen die Fuge "arbeitet". Neben der Fuge scheint ein regelrechtes Loch ins Blech gerissen zu sein, Schweißarbeit.
Um den Tankdeckel und an der Kante darunter der Rost ist oberflächlich und unfallbedingt. Allerdings platzt dabei auch innen der Lack ab, das wird selten beachtet: Außen wird alles wieder schön gemacht, von innen gammelt es ab dem Zeitpunkt, die Uhr tickt...
In der unteren Ecke des Radlaufes erkennt man blasigen Lack mit Rost, hier ist innen wieder ein "Komposter" am wirken und das Blech weist Pinholes auf, durch die der Lack von innen zerstört wurde. Dort sind in der Ecke kleine Durchrostungen und flächig dünn gerostetes Blech zu erwarten, wo mit Flicken geschweißt werden müsste oder radikal ein kompletter Radlauf eingesetzt (meiner Ansicht nach unnötig). Hört sich dramatisch an, aber völlig normal bei dem Fahrzeugalter. Wenn man halt nix macht, rosten einem die "Karren" nach ein paar Jahren unter dem A....llerwertesten weg.
Nebenbei: Heckstoßfänger ist nicht Original, sondern Nachbau in Metall. Da gab es wohl ein Ersatzteilproblem, Stoßfänger rundherum sind nicht mehr erhältlich.
Einen fairen Preis kann man nicht nennen, ohne das Fahrzeug in Natura gesehen und eine Probefahrt gemacht zu haben. Ich weiß auch nichts über die Innenausstattung, Standheizung, TÜV etc.
Vorsichtig würde ich mal aufgrund des guten Gesamtzustandes, das Fahrzeug wirkt frisch, autentisch und komplett, irgendwas im 3000-er Bereich annehmen.
Gruß,
Tiemo