Jetzt bin ich bei uns in der Gemeinde bekannt wie ein "bunter Hund".

Abgefahren.
Ulrich Pfitzner hat Kaffee gekocht. In dicker Jacke und Mütze steht er vor seinem
wuchtigen VW LT 4x4 und erwartet uns. Neben ihm, in einer alten
Waschmaschinentrommel auf Schreibtischbeinen, lodern die Flammen. Wenn hier einer
was braucht, dann bastelt er es sich. So wie sein Wohnmobil.
Vorne ist Platz für vier Mitfahrer, hinten können zwei schlafen. Und weil das nicht ganz
aufgeht, hat er sich kurzerhand noch einen Anhänger mit zwei weiteren Schlafplätzen
ausgebaut. „Die Kinderstube“, wie er sagt.
Normale Autos? Reizen ihn schon lange nicht mehr.
Die Geschichte mit dem Rödinghauser und den umgebauten Fahrzeugen beginnt aber
schon früher. Angefangen hat er mit einem T3, in den hat er viel Schweiß reingesteckt,
aber was macht der Bulli? Er rostet ihm einfach weg. Also baut er alles aus und ab, für den
nächsten T3. Aber auch der hält nicht ewig.
In Bayern hat er sich dann eine Wohnkabine der Marke Tischer besorgt. Für seinen
Pickup, einen Toyota Hilux. Das neue Projekt. Aber wie das oft so ist, wenn man sich voll
Tatendrang auf eine Sache stürzt - man vergisst ein Detail. Und manchmal ist es ein
wichtiges, in diesem Fall ein gewichtiges. Am Ende ist der Wagen zu schwer und er
bekommt keine Zulassung. Einige würden sich jetzt zu Tode ärgern, aber nicht so Ulrich
Pfitzner. Schließlich gibt es für jedes Problem eine Lösung - dann muss die Wohnkabine
eben woanders drauf.
Zum Beispiel auf einen VW LT. LT steht für Lasten-Transporter oder, wie er aus eigener
Erfahrung ergänzt, „für laut und teuer“. 15 bis 18.000 Euro hat ihn sein Hobby gekostet
seit er sich sein neues Gefährt 2007 gekauft hat. Der Vorbesitzer hatte ebenfalls den Plan
ein Wohnmobil daraus zu machen, aber nicht genug Zeit dafür gefunden. Diese Zeit hat
sich Pfitzner einfach genommen. Ein Jahr hat er gebraucht, vom Kauf bis zur Zulassung.
Bis dahin gab es einiges zutun. Der Zustand des LTs war verbesserungswürdig, die
Wohnkabine darauf zu setzen gar nicht leicht. Woher er das alles kann?
„Muss man einfach machen.“
Verkäufer hat er gelernt, aber sich die Hände schmutzig zu machen, da hat er sich auch
noch nie vor gescheut. Also hat er es einfach angepackt. Herausgekommen ist eines der
durchdachtesten Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen. Jede Klappe, jeder Griff, jede
Trittstufe hat er exakt so angebracht, wie er es braucht, beschriftet und mit allem
ausgestattet was man unterwegs benötigt. Wo kein Licht installiert wurde, liegt eine
Taschenlampe griffbereit.
So einer wie er, der perfekt ausgestattet ist für jeden noch so abgelegen Ort, der seinem
LT eine kleine Solaranlage verpasst hat, um die Batterien fernab der Zivilisation aufladen
zu können. So einer, macht der denn auch noch Hotelurlaube? Ja. Aber nur mal für ein
Wochenende, für einen längeren Urlaub wäre es doch zu Schade um die viele Arbeit.
Außerdem liebt er es gemächlich durch die Landschaft zu fahren. Im Schnitt 50, vielleicht
60 km/h schnell ist er unterwegs, auf der Autobahn schon mal 10 km/h schneller. Da bleibt
viel Zeit sich alles genau anzusehen. Fast 30.000 Kilometer hat er die 4,5 Tonnen schon
bewegt.
„Ich habe nie einen Stau gesehen. Der war wohl immer hinter mir.“
Wo er mit seinem Wohnmobil schon war? Holland, Österreich, Dänemark... Dänemark! Da
ist er die Strände hoch und runter gefahren. Nicht einmal, nicht zweimal, „Dänemark habe
ich soweit durch, da kann ich ohne Karte fahren.“ Wenn sich die Räder durch den Sand
wühlen, das eine oder andere Hindernis halt doch keins ist mit Allrad, dann ist Ulrich
Pfitzner stolz und glücklich.
Noch glücklicher wäre er, wenn es mal klappen sollte mit einer Tour nach China. Ein
halbes, ein dreiviertel Jahr aussteigen und quer durch den alten Ostblock fahren. Ein
echtes Abenteuer. Aber einfach seinen Job bei Hettich aufgeben? Nein, das geht nicht.
Und die Eltern sind ja auch noch da. Und der zwölfjährige Sohn seiner Lebensgefährtin.
Da kann man nicht so einfach weg. Noch nicht.
Die Frage ist nur wie lange der LT hält. Liegengeblieben ist er bisher noch nie, aber wenn,
dann kann es eine böse Überraschung geben. Denn VW hat die LT-spezifischen
Ersatzteile einfach ausgemustert. Für die LT-Freunde ist er das aber noch lange nicht. In
einem Internet-Forum tauschen Sie sich aus, über Ihre Erfahrungen, über Reisen, über
Reparaturen. Und wenn ein Ersatzteil gebraucht wird, dann nimmt man das Ganze eben
selbst in die Hand und setzt alle Hebel in Bewegung, um ein ungebrauchtes Originalteil zu
finden. Und dann jemanden der es genau so nachproduziert.
Wie viele Bremsscheiben brauchen Sie denn? 1000? Nein, 10.
Manchmal sehnt sich Ulrich Pfitzner nach einem Unimog, mit seiner lebenslangen
Ersatzteilgarantie. Damals war er ihm einfach noch zu teuer, aber vielleicht für das
nächste Projekt? „Selbst, wenn mir jemand das Geld in die Hand drücken würde, von
meinem LT könnte ich mich nicht trennen.“ Dann hätte er halt zwei Wohnmobile.
Was seine Lebensgefährtin von seinem Hobby hält? Er lächelt. „Campen tut sie gerne,
das hat sie früher mit ihren Eltern schon gemacht.“ Heute ist sie auch bei den Treffen der
LT-Freunde dabei. Ein mal im Jahr treffen sie sich in Vlotho an der Weser und tauschen
sich aus, zeigen sich gegenseitig, was sich in der Zwischenzeit an ihrem LT getan hat oder
planen gemeinsame Touren.
Wohin die nächste Reise geht? Tja. Sein Wohnmobil könnte er sich gut in der Wüste
vorstellen, sich selbst aber nicht. Viel zu heiß. Ulrich Pfitzner ist mehr der Skandinavien-
Typ. Gut vorstellbar, dass wir Ihn dort genau so antreffen würden wie hier. Vielleicht läge
ein Rost auf der Waschmaschinentrommel und er würde gerade die Würstchen wenden.
Aber wenn man ihn nach seinem Wohnmobil fragen würde, er würde wohl Würstchen
Würstchen sein lassen und mit der gleichen Begeisterung erzählen.